Studientagung „Mensch und Maschine – Von Dädalus zum Trans- und Posthumanismus“

Die Tagung widmete sich interdisziplinär der Grenzbestimmung zwischen Mensch und Maschine. Diese erfolgt aus philosophischen, ethischen, literaturhistorischen und ideologiekritischen Blickwinkeln – mit Rücksicht auf aktuelle Debatten um Künstliche Intelligenz, Digitalisierung sowie Trans- und Posthumanismus.

Übersicht über die Beiträge und Programmpunkte der Tagung:

Sa., 8.2.2020 10:00 Dr. Wolfram Brinker, Universität Mainz, Klassische Philologie
Dädalus, „vorzüglich gerühmtes Genie meisterhafter Technik“

Der sprechende Name des Daidalos, ‚der kunstreiche‘, des Schutzpatrons der athenischen Handwerker steht für die Entwicklung kühner Geräte, die Errichtung staunenswerter Bauten oder die Gestaltung lebensnah bewegter Plastiken, und für ein Schicksal. In Person seines Sohnes Ikaros nämlich spiegeln sich Erzählungen über menschliche Grenzen.

Sa., 8.2.2020 11:00 Dr. Martin Genetsch, Fachleiter für Englisch am Staatlichen Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien, Trier
Sympathy with the Devil. Mary Shelleys ‚Frankenstein‘ (1818) als Mythos von der Erschaffung künstlichen Lebens und seine Rezeption in der englischen Gegenwartsliteratur

In diesem Vortrag wird der Roman Mary Shelleys als Text gelesen, in dessen Zentrum die romantische Naturwissenschaft und der Traum von der Erschaffung künstlichen Lebens steht, die sich schließlich als Albtraum erweist. Dabei wird auf das Motiv des Wissenschaftlers ebenso eingegangen wie auf den Akt der Erzeugung von Leben und der Folgen, die nicht zuletzt in einem Aufbegehren der Kreatur gegenüber ihrem Schöpfer bestehen, der sich der Verantwortung für seine Schöpfung entzieht. Der Vortrag endet mit einem Blick auf die Rezeption des Frankenstein-Mythos in zeitgenössischen britischen Romanen zum Thema K.I.

Sa., 8.2.2020 12:00 Dr. Gottfried Schwitzgebel
Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte e.V.
Von den Robotergesetzen bis zur künstlichen Moral – Moralische Konflikte mit Maschinen in Literatur und Philosophie

Roboterethik? Wieso brauchen wir das? Bei einer der gefährlichsten Maschinen, dem Pkw, reicht doch auch die Straßenverkehrsordnung. Roboter wecken Urängste im Menschen – vom Kontrollverlust bis zum Minderwertigkeitsgefühl. Die phantastische Literatur liefert unzählige Beispiele und dramatische Schilderungen vom Kampf zwischen Mensch und (Roboter-)Maschine. Bei aller Vielfalt der Erzählungen wiederholen sich die Grundmotive dieser Konflikte. Aus ihnen lassen sich grundsätzliche Anforderungen an eine ethische Reflektion auf Roboter und Künstliche Intelligenz ableiten. Genau das versucht dieses Referat.

Sa., 8.2.202015:00 Dr. Nicole Thiemer
TU Kaiserslautern, Philosophie
Dr. Nicole Thiemer: Ist der Roboter ein zweiter Mensch? Philosophische Anmerkungen zu einer Grundfrage unserer Zeit

Die Idee des Menschen, einen künstlichen Menschen zu schaffen, der vielleicht sogar besser, optimierter als der Mensch selbst ist, hat eine geistesgeschichtliche Tradition – der Traum vom Menschen aus Menschhand ist sozusagen ein alter Traum, der immer mit Euphorie wie auch mit diffusen Ängsten verbunden war. Heute hat er jedoch ein neues Gesicht bekommen und erscheint zum Greifen nah, denn möglich scheint es, dass Roboter eine Art menschenähnlicher Lebensform werden könnten. Im Vortrag wird darauf reflektiert, dass sich die Idee des Menschen, die die Vorstellung vom künstlichen Menschen prägt, gegenwärtig prägnant verändert hat und dass diese Veränderung mit ethischen Herausforderungen Hand in Hand einhergeht.

Sa., 8.2.2020
16:30
Dr. Klaus Altenbach

Universität Mainz, Theologie

Trans- und Posthumanismus. Geistesgeschichtliche Hintergründe und theologisch-philosophische Reflexion

Der Humanismus in seinen vielfältigen Ausprägungsformen hat sich über Jahrhunderte um die Formung des Menschen mit pädagogischen Mitteln bemüht. Trans- und Posthumanisten erstreben dagegen mit technischen Mitteln die Überwindung des aus ihrer Sicht defizitären heutigen Menschen. In der gesellschaftlichen Debatte über die neuen Möglichkeiten und Visionen kann die theologisch-philosophische Reflexion wertvolle Beiträge zur ethischen Bewertung leisten.

Abendveranstaltung mit Filmkritiker

Am Samstag wurde für 19:00 zur öffentlichen Abendveranstaltung mit Wolfgang M. Schmitt
Filmkritiker und YouTuber („Die Filmanalyse) eingeladen. Sein Thema: „Werden wir Maschinen? Wolfgang M. Schmitt liest aus Isaac Asimovs ICH, DER ROBOTER und spricht über die transhumane Gefahr“

Science-Fiction-Literatur und -Filme konfrontieren ein menschliches mit einem nicht-menschlichen Personal. Längst aber sind diese unheimlichen Begegnungen auch Teil unseres Alltags. Wolfgang M. Schmitt liest einen Auszug aus Isaac Asimovs visionärem Buch „Ich, der Roboter“ und stellt anschließend Parallelen zu unserer digital und transhuman werdenden Welt und zum Kino her, dem man stets prophetische Kräfte nachsagte. Doch was, wenn das Kino inzwischen aus der Zeit gefallen ist?

So., 9.2.2020
10:00
Dr. Matthias Vollet
Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte e.V.
Die Bestimmung des Menschen bei Henri Bergson und der aktuelle Trans- und Posthumanismus

In seinem letzten monographischen Werk „Die zwei Quellen der Moral und der Religion“ (1932) schreibt Henri Bergson (1859-1941) zum Schluss, das Universum sei „eine Maschine, Götter zu machen“, und es liege am Menschen, ob der Möglichkeiten der Technik zu dieser wesentlichen Funktion des Universums nutze oder nicht.

Kann Bergson zu den Ahnen des Trans- oder Posthumanismus gerechnet werden? können Trans- bzw. Posthumanismus auf eine Metaphysik bergsonscher Manier bezogen werden? Kann bei den modernen Strömungen von einer Evolution oder von der Erfüllung einer Bestimmung des Menschen gesprochen werden? An diesen losen, fragenden Enden zieht der Vortrag.

So., 9.2.2020
11:00
Dr. Andreas Hütig
Universität Mainz, Studium generale
„Würde der Menschheit“. Kantische Perspektiven auf Post- und Transhumanismus

In der Diskussion um Post- und Transhumanismus richtet sich der ethische Blick u.a. auf Verabsolutierungen von Fortschrittshoffnungen und Perfektionierungsideen, auf eine Unantastbarkeit der menschlichen Spezies als solcher, die Gefahr intergenerationeller Fremdbestimmtheit und die Zerstörung der Grundlagen von Gleichheit und Demokratie. Der Vortrag rekonstruiert einschlägige Bestimmungsstücke der kantischen Ethik und setzt diese in Zusammenhang mit den Debatten.

So., 9.2.2020
12:00
Abschlussdiskussion/Forschungsdesiderata/Mittagessen in Bernkastel-Kues